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Kommentar zum Video und einigen Kommentaren auf das Video 😉
Feministsiche- und Genderarchäologie
Unser Video Feministische und Genderarchäologie hat viele negative, unkonstruktive bis beleidigende Kommentare erhalten und doch auch einige konstruktive Kritiken. Danke zunächst für alle Kommentare! Wir werden in diesem Beitrag nicht auf die konstruktiven Kritiken eingehen, behalten sie aber für zukünftige Statements im Hinterkopf.
Nachdem dieses Video bereits für einige bei Youtube und (einer Gruppe) bei FB mindestens für Empörung gesorgt hat, wollen wir in einem kleinen Blogbeitrag (denn wir haben auch einen Blog ;)) die Reaktionen ausführlicher behandeln. Kurz zur Vorwarnung: Es geht um Feministische- und Genderarchäologie. Wir warnen vor, da gerade das Wörtchen Gender online schnell für Furore und Hass sorgt. Warum das so ist, beleuchten wir weiter unten.
Wir nehmen auf www.anarchaeologie.de eine bestimmte Perspektive ein, die sich – wenig überraschend – aus anarchafeministischen und libertären Blickwinkeln zusammensetzt. Wissenschaft ist und war immer politisch – wir machen unsere Blickwinkel öffentlich und thematisierten dies, viele andere Akteur*innen verzichten aber darauf.
Wir sind alle eingebettet in unsere jeweiligen sozialen Räume, bewegen uns in unserem Habitus und agieren, forschen und fragen aus unseren jeweiligen subjektiv-politischen Blickwinkeln.
Aber es bleibt nicht nur dabei, sobald wissenschaftliches Arbeiten aus den jeweiligen Gedanken heraus in die Welt tritt, begegnet sie wirtschaftlichen, politischen und gesellschaftlichen Momenten (Finanzierung, Gesetze, Reglementierungen, Konventionen, Anträge usw.).
Wir haben unser Video bewusst polemisch aufgebaut, trotzdem stecken in all der Polemik Erfahrungswerte der letzten Jahre Universität und Wissenschaft, sowie viel Literatur, TV-Dokus, Museumsbesuche, Austausch und der Ansporn den Diskurs zu verschärfen.
Im Westen Nichts neues
Den Schrei und Wunsch, die vermeintliche Objektivität von archäologischen Methoden zu verteidigen verstehen wir gut, schätzen die Situation aber komplett anders ein:
Kommentar 1:
Betrachten wir allerdings ganz sachlich und unaufgeregt, erstens die Quellen, die wir in der Archäologie zur Verfügung haben und zweitens unsere Methoden, zeigt sich, dass egal welchen Datensatz wir verwenden, dieser immer nur eine Auswahl der Gesamtdaten darstellt. Dieser kann gar nicht alles mit ihm im Kontext stehende analysieren, betrachten und interpretieren. Zudem hat Bruno Latour in seiner sehr lesbaren Studie “Die Hoffnung der Pandora – Untersuchungen zur Wirklichkeit der Wissenschaft” aufgezeigt, dass auch der Entstehungs, Beobachtungs- und Visualisierungsprozess von wissenschaftlichen Daten von zahlreichen unausgesprochenen Faktoren und Abstraktionsprozessen abhängt.
An dieser Stelle werden vermutlich alle Anhänger*innen des Strukturalismus aufschreien und sagen, ja und? Wenn wir alle Daten zusammentragen haben wir doch den objektiven Blick.
Dem widersprechen wir vorsorglich.
Was wir hätten, sofern es überhaupt möglich ist alle Daten zusammenzutragen, wäre ein buntes Mosaik aus Blickwinkeln und Theorien, gesprenkelt und gefärbt durch die Fragestellungen, den jeweiligen Zeitgeist, den institutionellen Kontexten, sowie die unterschiedlichen an der Forschung beteiligten Personen.
“Jede Beobachtung schliesst eine Interpretation im Lichte unseres theoretischen Wissens in sich” – würde der Philosoph Karl Popper sagen.
Der Punkt ist, dass wir das nicht schlimm finden. Durch diese Erkenntnis will auch niemand der Archäologie die Wissenschaftlichkeit aberkennen. Bloß muss es darum gehen, die Folgen daraus anzuerkennen. In den Sozialwissenschaften wird schon lange zwischen emischen (“Blick von Innen” und etischen (“Blick von Außen”) Ansätzen unterschieden und versucht zwischen diesen abzuwägen. Viele Archäolog*innen beharren aber auf dem etischen Ansatz (Vgl. auch: Thomas Meier: Der Archäologe als Wissenschaftler und Zeitgenosse. Antrittsvorlesung an der Universität Heidelberg am 20. Januar 2010 ).
Feministische- und Genderarchäologie
Um folgende Frage- und Themenstellungen geht es in Feministischer- und Genderarchäologie:
- wie kann ich Geschichte(n) schreiben, in der auch Frauen, Kinder und Angehörige der nicht-elitären Schichten vorkommen. Kurzum: es geht um eine Archäologie der Menschen, statt um die Archäologie der Mächtigen.
- Rollenverteilungen in Gesellschaftsformationen der Vergangenheit, z.B. in Bezug auf Arbeitsteilungen, Berufe, Status und anderen relevanten Kategorien sowie das Hinterfragen künstlerischer Darstellungen von Frauen, Kindern, Senilen, Kranken, Unterdrückten und mögliche Interpretationen.
- Blick auf die Fachstrukturen
- Blick auf die Forschungsgeschichte
Unterschied Feministische- und Genderarchäologie:
Feministischearchäologie hat einen Fokus auf Frauenforschung. Frauen in den Vergangnheuten werden ebenso wie forschende Frauen thematisiert.
Genderarchäologie versucht zu rekonstruieren, wie Geschlechtlichkeit in den Vergangenheiten konstruiert wurde.
Aus Feministischer- und Genderarchäologischer Perspektive liegt das Anliegen darin Individuen, die bisher nicht oder kaum oder gar verzerrt wahrgenommen wurden sichtbar zu machen. Wenn schon nach geschlechtsspezifischen Aspekten gefragt wird, sollte erstens ein nicht binäres System angenommen werden, auch weil die Geschlechtsbestimmung am Skelett nicht absolut eindeutig sein muss (Vgl.Sibylle Kästner: Diskussion zu “Grundlagen und Methoden traditioneller archäologischer Geschlechterbestimmung in hallstattzeitlichen Gräbern; Vortrag und Artikel von Christine Kleibscheibel”).
Zweitens sollte sich die Frage gestellt werden, ob der alleinige Fokus auf die Kategorie Geschlecht nicht den Blick auf andere Kategorien wie Klasse, Age, Abstammung o.ä. verstellt und verzerrt.
Jede Gesellschaft mit ihren Individuen spinnt ein Netz aus verschiedenen Kategorien, die sich situativ oder strukturell ändern können. Ob es möglich ist, anhand archäologischer Zeugnisse annähernd die gesellschaftlichen Realitäten in der Vergangenheit zu rekonstruieren, sei dahingestellt.
Wenn wir aber angeblich “naturgegebene” (was auch immer das eigentlich sein soll?) Annahmen in das Material hineinprojizieren, meinen wir die Vorstellungen von “Natürlichkeit” die letzten Endes auf ein Konzept des 19. Jahrhundert beruhen und nicht auf den Konzeptionen der archäologischen Gesellschaften. Dadurch besteht die Gefahr eine definitiv einseitige und daher falsche Archäologie zu betreiben.
Es geht bei Feministischer- und Genderarchäologie aber auch um den Blick auf die Fachstrukturen:
- Archäologien sind verhältnismäßig kleine Fächer: einzelne Profs “sitzen” lange auf den wenigen unbefristeten Arbeitsstellen.
- Grabungsleitung und Professor*innen verteilen die Gelder und Stellen nicht nur nach fachlicher Qualifikation, sondern auch nach Konformität ihrer Thesen bezüglich. Nur wenige Profs holen sich Leute ins Projekt, die entgegengesetzte Meinungen und Interpretationen vertreten.
- Häufig wird inhaltliche Kritik nicht fachlich, sondern persönlich genommen. Das erschwert einen konstruktiven Austausch.
- Gläserne Decke: obwohl es mehr weibliche Studienanfängerinnen gibt und noch mehr Frauen* als Männer* eine Promotion beginnen, ist der Mittelbau schon männlich dominiert. (Vgl. archiskop.hypotheses.org/92)
- in den anglophonen Ländern ist die universitäre Archäologie in den Humanities organisiert und damit auch räumlich viel enger an Sozial, Kultur- und Geisteswissenschaften gebunden als in Deutschland.
- schlechte Publikationslage:.Forscher*innen sind auf den Zugang zu nicht publizierten Material angewiesen, der Zugang zu diesen ist häufig nicht öffentlich.
Ebenso wird in Feministischer- und Genderarchäologie der kritische Blick auf die Forschungsgeschichte gerichtet. Z.B. in dem Buch “Göttinnen, Gräberinnen und gelehrte Frauen” herausgegeben von Sylvie Bergmann thematisieren die Autor*innen die Rollen und das Wirken von Forscher*innen in den archäologischen Wissenschaften.
Die angesprochenen Themen der Forschungsgeschichte und Fachstrukturen sind durch persönliche wie inhaltliche Überschneidungen miteinander verzahnt. Es ist daher relativ schwer in einer kritischen Revision diese Punkte voneinander zu trennen.
Die universitäre Geschichtsschreibungs war bis in die Mitte des 20. Jahrhunderts stark patriarchal geprägt. Es geht uns darum, ein Bewusstsein für dieses Umstand zu schaffen, der die Grundlagen unserer archäologischer Fächer entscheidend mitgeprägt hat.
Gender- ein Garant für einen (digitalen) Aufreger?
Zunächst scheint das kleine Wörtchen Gender in dem Titel eines Videos auf Youtube dieses schnell populär zu machen. Die zum Teil emotionalen Reaktionen zeigen aber, dass – entgegen der stets fortgesetzten Behauptungen von konservativer Seite – in Sachen Gleichberechtigung, auch in Bezug auf die Forschung, noch viel zu tun ist. Der herbei fabulierte Genderismus ist doch eher ein Schreckgespenst in den Köpfen mancher Zeitgenoss*innen. Ist dieses angebliche Gespenst erstmal manifestiert liegt es natürlich nahe, den Untergang des Abendlandes zu beschwören (kleiner Scherz), wenn sich kritische Archäolog*innen u.A mit den Rollen von Individuen aller Geschlechter in der Vergangenheit befassen.
Das mag jetzt vielleicht etwas überraschen, aber es geht uns nicht darum in jedem Befund z.B. “abweichende” Geschlechterrollen finden zu wollen. Nein, uns geht es darum, im Sinne unseres Verständnisses von Wissenschaft Fragen zu stellen. Das ist in unseren Augen die Aufgabe von Wissenschaft.
Auf vieles was den Begriff Gender oder Feminismus beinhaltet wird online furchtbar gern beleidigend reagiert, meistens in Form ungehobelter verbaler Entgleisungen oder, was ersteres nicht ausschließt, durch die Artikulation von eigenen Ideologien und Weltanschauungen. Häufig werden biologische Studien angeführt, die meist ohne Quellenangabe und daher nicht nachprüfbar wie Tatsachen in den Raum gestellt werden.
Wie, Wo und Wer und aus welcher Motivation diese Studien produziert wurden, ist häufig nicht nachvollziehbar. Das erschwert 1. eine Diskussion und 2. kann so keine Kommunikation auf Augenhöhe stattfinden. Diese Ergebnisse sind auf keinen Fall zu verallgemeinern und schon gar nicht auf die gesamte Vorgeschichte anzuwenden.
Einige Kommentare
Im Folgenden haben wir einige Kommentare unter unserem Video als Fotodateien angehängt, um einen Eindruck einer solchen “Diskussion” zu vermitteln.
Es geht uns nicht darum die Personen zu diffamieren, vorzuführen o.ä., daher haben wir uns dazu entschieden die Namen zu schwärzen, allerdings sind alle Kommentare öffentlich nachzulesen auf unserem Youtubekanal:
Häufig wird auf angeblich “naturgegebene” bzw. biologische Pauschalisierungen verwiesen, um daraus universelle Charaktereigenschaften und Lebenswege abzuleiten.
Kommentar 2:
Anarchaeologie: Hier wird versucht über einen angeblichen naturwissenschaftlichen Weg über die “Intelligenzforschung” auf “natürliche” Rollenbilder in der Vorgeschichte bis heute zu schließen.
Uns würde interessieren: 1. Wer hat diese Studien durchgeführt, 2. wie viele Propand*innen wurden 3. wo und wann befragt? 4. Wo ist diese Studie nachzulesen?
Jüngste Forschungen deuten auf eine starke soziale Komponente bei der geistigen Entwicklung hin (http://www.zeit.de/2015/23/intelligenz-vererbung-iq). Auch hier wieder: Männer sind nicht per se intelligenter, sondern werden intelligenter gemacht.
Die Gründe warum weniger Frauen in höheren z.B. akademischen Bereichen anzutreffen sind liegt nicht an ihrer Intelligenz, noch an Gründen, die in weiteren Screenshots nachzulesen sind (der Möglichkeit Kinder zu gebären).
Kommentar 3:
Anarchaeologie: Frauen können Kinder bekommen. Ja, das stimmt. Das heißt aber genau nichts, außer das.
Nur weil dem so ist, bedeutet es nicht automatisch, dass alle Frauen die jemals gelebt haben, leben oder leben werden diese Kinder 1. alleine betreuen/ erziehen, noch 2. das dies in einem heteronormativen Verhältnis passiert.
Das Argument arbeitet ebenfalls mit einer scheinbar “natürlichen” Ordnung und ist gerade bei diesen Themen oder verwandten Themen häufiger anzutreffen.
Die biologisierten Argumente wollen neben der angeblich verminderten Intelligenz und der “natürlichen Ordnung” aufzeigen, dass Frauen Kinder bekommen können/dürfen/sollen und sie demnach nichts anderes zu tun haben als diese zu erziehen. Ein weiterer Aspekt dieser “Argumentation”: wer errät es? Richtig! Frauen sind einfach körperlich nicht stark genug, um z.B. in der Landwirtschaft zu arbeiten oder zu kämpfen.. Ohne zu polemisch klingen zu wollen, aber dieses Argument erschließt sich uns auch nach mehreren Wochen schreiben an diesem Artikel nicht. Viele Generationen von Bäuer*innen/Landwirt*innen wären ebenfalls mehr als nur verwundert.
Kommentar 4:
Anarchaeologie: Beide Themen (Landwirtschaft und Mittelalter) werden in unserem Video nicht behandelt. Bei dem landwirtschaftlichen Kleinbetrieb der Großeltern eine*r*s Autor*in musste jede*r einfach alles machen. Die Kapazitäten waren nicht vorhanden um im Stall eine geschlechtliche Arbeitsteilung zu betreiben (die es aber trotzdem gab, z.B. beim Kochen oder Putzen). Im Mittelalter wissen wir aus verschiedenen (auch schriftlichen) Quellen, dass geschlechtliche Arbeitsteilungen existierten und bestimmte Aufgaben nur von einem Geschlecht ausgeübt wurden. Das heißt dann auch nicht, dass alle angehörigen eines Geschlechts diese Aufgabe übernahmen, sondern nur bestimmte Statusgruppen innerhalb. In der arbeitsintensiven Erntezeit, mussten alle Leute aufs Feld und die Aufgaben erledigen. Es wäre schon damals unökonomisch gewesen bei bestimmten Tätigkeiten
auf die Hälfte der Arbeitskräfte zu verzichten.
Kommentar 5:
Anarchaeologie: Wir haben diesen Kommentar häufig durchgelesen und versucht diesen zu verstehen. Im Folgenden wollen wir die Argumentation durchnehmen.
Ja, es wurde eine Frau mit Waffenbeigaben gefunden, die Schlussfolgerung in unseren Video war, dass in der Geschichtsschreibung diese dann eben auch vorkommen sollen. Wie in anderen vorindustriellen Gesellschaften wird das Verhältnis zwischen Männern und Frauen bei ungefähr 50 zu 50% gewesen sein.
Im nächsten Absatz wird mit schweren Kalibern geschossen. Trotz intensiver Auseinandersetzung mit dem Thema, konnten wir keine Autor*in ausfindig machen, die Weiße als subhumans bezeichnet hat. Nichtsdestotrotz sehen wir große Teile des dritte Welle Feminismus nicht als Hassideologie an (für eine kritische Auseinandersetzung zu den verschiedenen Strömungen: Beißreflexe von Patsy l’Amour la Love). Hier liegt vielmehr ein Missverständnis vor, es geht darum, die Gründe für Hass und Unterdrückung aufzeigen um diesen dekonstruieren zu können. Niemanden sollen die Privilegien weggenommen werden. Wir wollen, dass alle Menschen die gleichen Privilegien haben.
Ebenfalls häufig begegnet und begegnete uns folgendes Argumentationsmuster:
Anarchaeologie: An keiner Stelle haben wir gesagt, dass es keine Geschlechter geben würde.
Der Ansatz, den wir vorgestellt haben bedeutet zum ersten den Unterschied zwischen dem biologischen (sex) und dem sozialen Geschlecht (gender) aufzuzeigen (siehe auch: http://gender-glossar.de/glossar). Dem wäre vielleicht noch das genetische Geschlecht hinzuzufügen, dass durch DNA-Analysen bestimmt wird. Vor allem das soziale Geschlecht ist steten sozialen und kulturellen Wandlungen unterworfen. Das (archäologisch bestimmbare) biologische, morphologische Geschlecht, kann z.B. durch besonders große oder kleine Individuen, sowie durch harte körperliche Arbeit (Stichwort: Robustheit) veränderbar, bzw. nicht eindeutig bestimmbar sein. Bei Untersuchungen archäologischen Gesellschaften mit wenig oder gar keinen schriftlichen Hinterlassenschaften ist dieser Aspekt genauso zu beachten wie bei soziologischen Forschungen. Wir wollen die geschlechtliche Organisierung der Gesellschaften untersuchen. Die Ausgangshypothese ist hierbei, dass geschlechtliche Zuweisungen nicht konstant sind und sich je nach gesellschaftlichen Kontexten ändern können. Anschließend werden Methoden entwickelt, dies zu testen, wobei ein positives oder negatives Ergebnis herauskommen kann. Das ist Wissenschaft, keine Ideologie. Ideologie wäre zu behaupten: Frauen haben nie und nimmer an kriegerischen Handlungen teilgenommen, und dann offensichtliche Gegenbeweise zu ignorieren.
Diese, nicht repräsentativen, Beispiele bauen auf sehr simple, aber häufig verwendete Argumentationsmuster auf. Es ist so weil es so ist und weil es schon immer so war. Dass so eine Argumentationskette jede Wissenschaft ad absurdum führt, muss eigentlich nicht erwähnt werden.
Versteht uns nicht falsch, wir plädieren für Pluralismus! Aber dann bitte auch mit einer reflektierten und nicht beleidigenden Herangehensweise.
Wenn es nicht in dieser Häufigkeit auftauchen würde, würden wir einfach müde lächeln. Die Argumente und damit einhergehenden gesellschaftlichen Rollenbilder werden aber nicht nur über die Vergangenheit gestülpt, sondern von konservativer und (neu)rechter auch von allen Menschen “erwartet”. Dass dies den Lebensrealitäten vieler Menschen nicht entspricht, wird geflissentlich ignoriert. Dadurch entsteht Raum für viele Diskriminierungen.
Daher werden wir, so wie andere, versuchen immer wieder Diskurse des Faches in öffentliche Räume zu tragen.
Lob
Was wir wirklich toll fanden, waren die unterstützenden Kommentare, ob nun öffentlich oder als private Nachrichten.
Dass eine für die meisten Wissenschaftler*innen selbstverständliche Debatte, die inhaltlich schon weitaus differenzierter läuft als wir es in unserem kurzen Video skizziert haben, bei manchen auf so einen großen Widerstand gestoßen ist, hat uns nachdenklich gemacht, aber nicht überrascht. Um so mehr danken wir an dieser Stelle allen, die ihre Solidarität des Diskurses zum Ausdruck gebracht haben.
Es geht soweit, dass mehrmals im Monat zumindest in sozialen Netzwerken über die Frage diskutiert wird, ob genderneutrale Sprache in archäologischen Publikationen verwendet werden soll oder nicht. Wir sagen, lasst uns die Archäologie ins 21. Jahrhundert übersetzen.
Wir plädieren klar für genderneutrale Sprache in allen Publikationen innerhalb der Wissenschaften- so auch der Archäologie.
P.S: Kommentare sind immer erwünscht! 🙂
Literaturverzeichnis
George Lakoff, 1987: Women, Fire, and Dangerous Things – What Categories Reveal about the Mind
Adams und Adams,1991: Archaeological typology and practical reality – A dialectical Approach to Artifact Classification and Sorting
Sibylle Kästner, 1996: Diskussion zu “Grundlagen und Methoden traditioneller archäologischer Geschlechterbestimmung in hallstattzeitlichen Gräbern; Vortrag und Artikel von Christine Kleibscheibel”, s.65 in: “Vom Knochenmann zur Menschenfrau. Feministische Theorie und archäologische Praxis” (Hrsg. Sigrun M. Karlisch; Sibylle Kästner; Eva-Maria Mertens) Agenda Frauen 9 Frauen-Forschung-Archäologie, Stralsund 1996).
Diane Bolger, 2012: A companion to gender prehistory
Karl Popper, 2002,: Logik der Forschung. Gesammelte Werke Band 3., 34 Tübingen: Mohr Siebeck.
Patsy l’Amour la Love, 2017 : Beißreflexe: Kritik an queerem Aktivismus, autoritären Sehnsüchten, Sprechverboten
Thomas Meier, 2012 : Der Archäologe als Wissenschaftler und Zeitgenosse. Antrittsvorlesung an der Universität Heidelberg am 20. Januar 2010 https://www.academia.edu/27181865/Der_Arch%C3%A4ologe_als_Wissenschaftler_und_Zeitgenosse_Mainz_2012_ )
andere Medien: WDR- Junge oder Mädchen? Warum es mehr zwei Geschlechter gibt
https://www1.wdr.de/mediathek/video/sendungen/quarks-und-co/video-junge-oder-maedchen-warum-es-mehr-als-zwei-geschlechter-gibt–100.html (letzter Aufruf 24.04.2018)
Chapeau, liebe Anarchaeologist*as,
eine gelungene, unaufgeregte, sachliche Auseinandersetzung. Weiter so. Als Ergänzung zur Positionalität der Archäolog*innen hier noch ein Artikel: „Jenseits des Affirmativismus. Perspektiven für kritische Archäologien.“
(http://www.kritischearchaeologie.de/repositorium/fka/2012_1_22_Kommentar_der_Herausgeber_Innen.pdf)
Lieber Stefan Schreiber,
vielen Dank für deinen Kommentar! Und danke für das Kompliment 😉
Super, wir lieben Literaturempfehlungen!
Grüße,
die Anarchaeolog*innen
Hey ihr lieben Anarchäologi*innen!
Ich finde es mega krass, dass ihr euch dem so detalliert stellt. Meine Hochachtung dafür!
Gerade weil es ja oftmals Beiträge sind, wo man wirklich lange suchen muss um einen konstruktiven Kern zu finden!
Tatsächlich hab ihr ja Ursprünglich eigentlich nur ein Video gemacht, dass zeigen sollte das es Genderarchäologie gibt, und das diese verschiedenen Strömungen hat. Und wenn das alleine schon solche Reaktionen produziert, also zu erwähnen, dass es eine Theoriegruppe gibt, dann ist das echt ein Problem.
Schade ist, dass soviele Disskusionen die an dieser Stelle wircklich sinnvoll wären einfach nicht mehr stattfinden können, weil dieser HATE ganz schön viel Raum einnimmt gegenüber konstruktiven Disskusionen.
MFG
Miss Jones
Liebe Miss Jones,
danke für deinen Kommentar! Ja, wenn du es so zusammenfasst dann werden stellenweise die Reaktionen in den sozialen Netzwerken zu einer Spiegelung dessen was hier hier aufgedröselt haben.
Wir diskutieren auch lieber inhaltlich und überlegen einige der spannenden Fragen und Kommentare auch auf unserer Seite zu behandeln und zu benatworten.
Grüße,
die Anarchaelog*innen